Ist es ein Mode-Fauxpas, in Jeans auf der Wiesn zu erscheinen? Mittlerweile hat sich das Bild von Denim gewandelt: Kombiniert mit schicken Trachtenteilen geht die Jeans sehr wohl.
Die Geschichte der Jeans
Das Mode- und Kostümlexikon von Ingrid Loschek ist die richtige Quelle für historische Genauigkeit. Denn die Geschichte der Jeans ist lang und enthält überraschende Twists. Die Erfindung des Hosenklassikers wird Levi Strauss zugeschrieben, der 1829 in Bayern geboren wurde. 1850 wanderte der junge Franke nach San Francisco aus, mit einigen Ballen Segeltuch im Gepäck. Zunächst ließ er aus dem Leinwand-ähnlichen Stoff Zelte und Planen fertigen. Dann entdeckte er eine Marktlücke und ging dazu über, für Goldgräber strapazierfähige Latzhosen mit am Bund befestigten Trägern, aufgesetzten Taschen und doppelten Nähten zu produzieren. Zudem erhielten die ersten Hosen einen mit einer Knopfleiste versehenen Mittelschlitz, der eine ganze Weile neben dem Hosenlatz existierte, den wir heute noch von traditionellen Lederhosen kennen.
Als ihm bei seiner um 1870 gegründeten Hosenmanufaktur das Segeltuch ausging, begann Strauss stattdessen einen noch haltbareren Baumwollstoff aus dem französischen Nîmes einzuführen, der in sogenannter Sergebindung gewebt wurde. Dieser Stoff wurde hier bereits im 15. Jahrhundert verwendet und deshalb als „Serge de Nîmes“ bezeichnet. Daraus wurde in der Umgangssprache „de-nim“, also Denim.
Um den Hosen ihren typischen Blauton zu verpassen, verwendete Strauss Indigo, die älteste Naturfarbe, die seit 1880 chemisch hergestellt werden kann. Mit ihr wurde der Kettfaden von Denim eingefärbt, während der Schussfaden weiß blieb. Um die Hose zu verstärken, nutze Strauss Kupfernieten, eine äußere Doppelkappnaht und einen Hinterhosensattel. 1873 ließ Levi Strauss die klassische „501“ mit dem Five-Button-Fly patentieren.
Als Arbeitskleidung wurde die Denimhose mit der Zeit zum wichtigen Teil der Western-Kultur. Der 2. Weltkrieg brachte sie dann als Freizeithose nach Europa, wo sie 1949 erstmals von der Firma Mustang in Deutschland hergestellt wurde. Erst in den 1960er-Jahren taufte Levi’s seine Hosen übrigens in „Jeans“ um und vollzog damit endgültig den Schritt von der Arbeitshose hin zum Lifestyle-Produkt. Die Jeans verbreitete sich schnell, unter anderem wegen ihrer guten Haltbarkeit.
Die „Wiesmaht Jeans by halfs x indnat“
In Bayern wird seit einer Weile eine ganz besondere Jeans hergestellt. Das in München ansässige Label halfs ist eigentlich bekannt für seine langlebigen, traditionellen Haferlschuhe. Seit gut 20 Jahren hält Geschäftsgründer Achim Wünsch die Tradition dieser Schuhe aufrecht. Das Besondere an den halfs Haferln ist, dass sie aus einem einzigen großen Lederstück gefertigt sind und auf einem sehr spitzen Leisten geformt werden, wofür es viel handwerkliches Geschick braucht. Neben den Haferlschuh-Bestsellern kreiert halfs auch robuste Stiefel, alles in bester Lederqualität.
Außer Schuhen und Lederaccessoires widmet sich halfs aber noch einem weiteren Projekt: Denim. Die Wiesmaht-Jeans mit Latz ist aus einem echten Selvage-Blue-Cone-Denim gefertigt, ihre Form an einer historischen Hose von 1850 aus dem Allgäu angelehnt. Die Entwurfsarbeit, Schnitt und Prototypenherstellung wurde von INDNAT realisiert. Damit kreiert halfs eine Jeans, die perfekt zur Tracht getragen werden kann.
Luca Reinhardt von halfs erklärt, warum die Jeans in der Tracht gerade zurückkehrt: „Dass gefühlte 90 Prozent der Wiesn-Besucherinnen und -Besucher heute Tracht tragen, ist ein relativ neuer Trend. Vor den 90er-Jahren waren Lederhosen und Dirndl eher den Mitgliedern von Trachtenvereinen oder Schützenvereinen vorbehalten und wurden als altmodisch oder sogar reaktionär angesehen.“ Die meisten hätten einfach Jeans und Alltagskleidung zu Wiesn & Co. getragen. Wenn es passte, setzte man jedoch gerne trachtige Akzente mit einem Janker, Haferlschuhen oder einer Hirschlederjacke. „Dass gerade jetzt der Trend wieder zur Jeans hingeht, liegt daran, dass man heute selbst mit der tollsten Lederhose kaum noch auffallen kann“, glaubt Luca Reinhardt. „Man probiert stattdessen neue, differenzierte Looks und lehnt sich dabei vielleicht an das an, was man früher auf der Wiesn trug. Wie mein Vater, der mit seinen Haferlschuhen und Jeans aufs Volksfest ging.“
Die „Wiesmaht Jeans by halfs x indnat“ gibt’s in der Halfs-Filiale „halfs x“ in der Rumfordstraße 35 in München.
Der wieder aufkommende Trend hin zur Jeans in der Tracht ist ein Zeichen dafür, dass diese aktuell mehr zur Alltagsmode wird und weniger reine Festtagskleidung ist. Das Wichtigste in beiden Fällen ist jedoch eine gelungene und stilsichere Kombination. Wir haben Luca Reinhardt nach seinen Empfehlungen gefragt.
Welches Leder passt am besten zur Jeans?
„Zu einer echten Raw Denim Jeans passt unser kastanienbraunes Pullup-Leder definitiv am besten. Es ist extrem lang haltbar, wie der Jeansstoff auch, und entwickelt genau wie die Jeans auf Dauer eine wunderschöne, individuelle Patina.“
Wie sollte eine Jeans zur Tracht für Herren geschnitten sein?
„Sie sollte auf jeden Fall einen hohen Bund haben und ein eher breites Bein. Noch wichtiger ist aber das Material: Es sollte ein echter Selvage-Denim sein, der auf alten Webstühlen hergestellt wurde.“
Weitere fesche Trachtenjeans-Modelle
INDNAT ist eine Werkstatt für Hosen, Jeans & Shorts, gegründet von Marcus Priester. Angefangen vom Entwurf, Zuschnitt, Nähen bis hin zu Verkauf und Service: Der komplette Fertigungsprozess kommt aus einer Hand. Marcus stammt vom Starnberger See und lebt und arbeitet in Girona (Spanien).
- INDNAT: „iSar_Denim“ Jeans aus Denim by Manufacture Metís, aus 50 % Bio-Baumwolle und 50 % recycelte Baumwolle.
- INDNAT: „iSar Shorts“ aus Hanf und Leinen.
Quickshop.NYC ist ein virtueller „New York Online Store“, der von Haman Sutra gegründet wurde. Der Shop ist auf Tailoring und Denim spezialisiert und wird aus München betrieben.
- Bavarian Pants 1796 aus upcycled Denim nach dem Originalmuster